List of Blogs
Ausgewählte Vertriebs-, Markt- und Unternehmenskennzahlen insbes. für Finanzdienstleistungsunternehmen
Ausgewählte Vertriebs-, Markt- und Unternehmenskennzahlen insbes. für Finanzdienstleistungsunternehmen
Zur Messung und/oder Steuerung von Unternehmensaktivitäten wie auch des Vertriebs von Finanzdienstleistern wurden unzählige Kennzahlen entwickelt, von denen sich etliche auch in der Praxis bewährt haben: Kundenstruktur und Kundenzufriedenheit, Vertriebsaktivitäten, Vertriebsziele, Vertriebsergebnisse, Vertriebsqualität, Marketing und Werbemaßnahmen, Markterfolg, Unternehmen und Unternehmenserfolg. Diese sollen im Folgenden angeführt bzw. näher betrachtet und einige davon exemplarisch berechnet werden. Anm.: Die Bezeichnung verschiedener Kennzahlen variiert bisweilen in der Literatur und Praxis.
1. Kennzahlen zur Kundenstruktur und Kundenzufriedenheit
Hinweis: Bevor ein Interessent (der dem Unternehmen – evtl. im Rahmen eines Preisausschreibens oder über einen sog. Tippgeber - bereits seine Adresse überlassen hat) zum Kunden wird, durchläuft er vom Erstkontakt bis zum Abschluss einen Entwicklungsprozess, der im Marketing (neudeutsch) als Leadentwicklung (Interessentenentwicklungsprozess) oder Konversionsrate bezeichnet wird:
- Lead / Suspect (auch cold lead genannt – zeigt mäßiges Interesse am Unternehmen/Produkt)
- Qualified Lead / Prospect (auch warm/hot lead genannt – hat zumeist starkes Interesse)
- Opportunities (Abschlussmöglichkeiten)
- Acquisition (Vertrag)
Im Rahmen der Vertriebsziele (s.u.) kann der Ausgangspunkt (Cold lead) als Vertriebspotential und der Übergang von einer Stufe zur nächsten bereits als (Vertriebs-) Erfolg betrachtet sowie als Maßstab für Vergleiche herangezogen werden. Insbesondere der Aufstieg von der vorletzten Stufe (Stückzahlen u./o. Angebotsvolumina) zur letzten Stufe (Stückzahlen u./o. Abschlussvolumina) ist endgültig als Vertriebserfolg zu werten; die dabei auftretenden Veränderungen (häufig Abnahme von Stück und Volumina, abhängig von den Angeboten und dem Wettbewerb) können gemessen und als Optimierungspotential in die Vertriebsaktivitäten/-ziele aufgenommen werden.
Stornoquote: Anzahl stornierter bzw. gekündigter Verträge in Relation zu den insgesamt abgeschlossenen Verträgen (x 100 in Prozent); kann mit (Vertrags-) Stückzahlen, Volumina/Kontraktsummen oder Beiträgen/Provisionen gerechnet bzw. auf der Gegenseite auch bezüglich Anbieter oder Sparten sowie Neu- und Wiederholungsabschlüssen differenziert werden. Sie wird durch die Beitragszahlungsform (z.B. Einmalzahlung, periodische Zahlungen), Fälligkeit (Dauer der Laufzeit) und Rücktrittsbedingungen (z.B. bei Lebensversicherungen am Ende der Versicherungsperioden) beeinflusst, berücksichtigt idR. auch Rückkäufe und Umwandlungen in beitragsfreie Versicherungen zuzüglich sonstiger vorzeitiger Abgänge, aber nicht Weiterverkäufe am Zweitmarkt für Versicherungen (‚Second Hand Policen‘) u.ä., bei denen die Versicherungen weiter laufen.
Varianten der Stornoquote sind die Frühstornoquote (Versicherungssumme früh stornierter Verträge zur Versicherungssumme des Neugeschäfts) und die Spätstornoquote (Versicherungssumme gekündigter und beitragsfreier Verträge in Relation zur Versicherungssumme des Jahresanfangsbestands), wobei insbes. erstere ein Indiz für mangelhafte Beratung sein kann. Die Stornoquote wird hier als Kundenstrukturkennzahl (Kundenerwartung-/-unzufriedenheit) angeführt und sollte zur Mitarbeiterschulung/-beurteilung (Betreuung/Verkaufsmethoden?) bzw. zur Erhöhung und Bewertung der Vertriebs-/Produktqualität eingesetzt werden – welche die Kundenzufriedenheit und damit indirekt den Kundenwert (s.u.) beeinflussen. Nicht zuletzt ist sie Ausgangspunkt für Kundenrückgewinnungsprogramme.
Sie beeinflusst aber auch die Höhe der Provisionszahlungen an den Vertreter, dem bei Stornierung eines von ihm vermittelten Vertrages eine Rückzahlungsforderung droht. Der rechtliche Anspruch eines Versicherungsvertreters auf die Provision entsteht idR. erst dann, wenn der Versicherungsnehmer die Prämie gezahlt hat, weshalb die Provisionszahlungen zumeist vom Bruttovertragsvolumen unter Einbehaltung einer Stornoreserve berechnet werden. Allerdings ist die Versicherungsgesellschaft bereits bei drohendem Ausfall der Beitragszahlungen bzw. Stornierungen gehalten, Maßnahmen zur Stornoabwehr des notleidenden Vertrags zu ergreifen (evtl. Stornogefahrmitteilung an den Vermittler).
Die Stornoquote kann durch eine vorausschauende Kundenbonitätsanalyse (s.u.) vor Vertragsabschluss gemindert werden. Die Häufigkeit von Stornierungen nimmt idR. mit fortschreitender Vertragslaufzeit ab, einschneidende (ökonomische) Ereignisse im Leben der Versicherten (z.B. Scheidungen, Arbeitslosigkeit uam.) können aber jederzeit zu einer Stornierung führen/zwingen (was bei der Wertung der Kennzahl zu berücksichtigen ist). Anm.: Allerdings unterliegen die durchschnittlichen Stornoquoten über die Jahre betrachtet keinen großen Schwankungen (was zumindest für die Altersvorsorgeprodukte gilt) – siehe nachfolgende Tabelle.
Reklamationsquote: Anzahl Reklamationen in Relation zu den insgesamt abgeschlossenen Verträgen (x 100 in Prozent). Reklamationen von Bestandskunden (Kundenfeedbacks) geben Auskunft über ihre Zufriedenheit bezüglich Produkte und Betreuung (siehe auch Stornoquote), zeigen Verbesserungspotentiale auf (Beschwerdemanagement!) und dienen damit der Erhöhung der Vertriebsqualität (kann durch Weiterbildungsmaßnahmen der Vertriebsmitarbeiter verbessert werden). Sie sind als Frühwarnindikator für Stornierungen anzusehen.
Referenzquote: Anzahl aktiver Referenzkunden in Relation zur Gesamtkundenanzahl (x 100 in Prozent); sie kann auf verschiedene Kundensegmente herunter gebrochen und in unterschiedliche Referenztiefen (z.B. ‚darf benannt werden‘ ‚empfiehlt von sich aus weiter‘) differenziert werden (Grundlage des Empfehlungsmanagements)
Sie gibt Auskunft über die Zufriedenheit der Kunden bezüglich Produkt und/oder Betreuung (hoher Marketingwert!).
Eine Variante der Referenzquote ist der Net Promotor Score (NPS), der idR. ebenfalls durch Kundenbefragungen ermittelt wird. Er misst die Wahrscheinlichkeit, mit der die Kunden das Unternehmen und/oder seine Produkte weiterempfehlen werden (indem von den Referenzwilligen die Referenzunwilligen abgezogen werden = Net). Dabei kann ein enger Zusammenhang zwischen dem NPS-Wert und der Kundenzufriedenheit bzw. Kundenloyalität und Wiederanlagen (s.u.) angenommen werden.
Kundenbindungsdauer: Die Dauer der Kundenbeziehung (in Jahren) ist ein Indikator für die Kundenzufriedenheit sowie Vertriebsqualität und schlägt sich in anhaltenden Bestandsprovisionen nieder, sie ist ein mögliches Klassifikationsmerkmal für den gesamten Kundenbestand.
Wiederanlagequote bei Auftragseingängen: Abschlüsse mit Bestandskunden in Relation zu den gesamten Abschlüssen (x 100 in Prozent). Hinweis auf Attraktivität des Angebots, Güte der Betreuung (z.B. Ansprache bei Neuerungen im Leistungsangebot) und/oder Folge von Marketing-/Mailingaktionen; sie kann bei entsprechender Unternehmensstrategie auch als Kennzahl des Vertriebsziels (z.B. Cross-Selling Quote) betrachtet werden. Weist ggfls. auf Fremdvertragsabschlüsse der Kunden hin. Beispiel: Im abgelaufenen Geschäftsjahr wurden von der Agentur insgesamt 500 Abschlüsse getätigt. Davon kamen 100 mit Bestandskunden zustande, 400 sind auf Neuakquisitionen zurück zu führen.
Frage: Wie hoch ist die Wiederanlagequote in Prozent und wie könnte man das Ergebnis interpretieren.
Berechnung: Abschlüsse mit Bestandskunden / Abschlüsse insgesamt (x 100 in Prozent) 100 / 500 0,2 bzw. 20%.
Ergebnisinterpretation: 20% der Abschlüsse wurden im Berichtsjahr mit Bestandskunden getätigt. Es könnten auch weniger Kunden gewesen sein, die mehrfach abgeschlossen haben. Dies ist ein Maß der Kundenzufriedenheit und des Vertriebserfolgs (und sollte im Zeit- oder Betriebsvergleich unter Einbezug der Vertragsvolumina interpretiert werden). Andererseits haben 80% der Bestandskunden im Berichtsjahr keinen neuen Abschluss getätigt oder sind zu anderen Agenturen abgewandert (und haben dort abgeschlossen). Weniger wahrscheinlich – aber nicht auszuschließen ist (was aber durch das Vertriebscontrolling leicht nachzuprüfen wäre) – ob Anträge von Bestandskunden eventuell abgelehnt wurden (z.B. wg. Zahlungsrückständen, verschlechterte Bonität uam.).
Folgeabschlussquote: Folgeabschlüsse mit Neukunden der Vorperiode in Relation zu den Neukunden der Vorperiode (x 100 in Prozent); die Abschlüsse können sowohl in Stück (Anzahl Kunden) als auch in Volumina (Abschlüsse) einbezogen werden. Sie zeigt auf, ob Kunden, die in der zurück liegenden Periode als Neukunden erstmals abgeschlossen haben, auch in der Folgeperiode Abschlüsse tätigten, oder nicht; sie ist – wie die Wiederanlagequote - ein Indikator für die Zufriedenheit (oder Unzufriedenheit) der Kunden mit dem zurück liegenden Abschluss bzw. der anschließenden Betreuung. Eine hohe Folgeabschlussquote ist auch ein Maßstab für die Erreichung von entsprechenden Vertriebszielen bzw. Vertriebsergebnissen sowie ein Indikator für unterschiedliche Vertriebsaktivitäten/-maßnahmen und die Vertriebsqualität bei wiederholt Abschließenden oder reinen Bestandskunden.
Kundenzufriedenheit: Die vorstehenden sechs Kennzahlen können je nach Ausprägung auch als Indikatoren für Kunden(un)zufriedenheit angesehen werden. Zumeist wird die Kundenzufriedenheit mit niedrigen Fehlerquoten/hoher Vertriebsqualität in der Vergangenheit und der Erwartung zukünftiger Geschäfte (Deckungsbeiträge) in Verbindung gebracht (‚Frühindikator‘).
Anm.: Einen sichtlichen Einfluss auf die Kundenzufriedenheit dürfte auch die Abschlusskostenquote ausüben, die sämtliche Kosten des Abschlusses in Relation zur Beitragssumme setzt.
Anm.: Die Kundenzufriedenheit kann bei Bestandskunden natürlich auch durch Befragung unmittelbar erhoben werden. Dabei wird idR. abgefragt, in welchem Ausmaß die Erwartungen des Kunden in Bezug auf einzelne Punkte (z.B. Produkt, Preis, Information, Betreuungsqualität, Freundlichkeit, Zeitraum/Geschwindigkeit der Abwicklung uam.) erfüllt wurden. Durch die Verwendung von Bewertungsskalen (z.B. von -3 bis +3, unzutreffend bis stimmt genau, Schulnoten) und ggfls. Gewichtungen können die Ergebnisse quantifiziert und - häufig anonymisiert - maschinell ausgewertet sowie visualisiert werden (z.B. in einem Zufriedenheitsprofil).
Schadenquote: Schadenaufwand in Relation zu den Beitragseinnahmen (x 100 in Prozent); kann für einzelne Versicherungsnehmer, bestimmte Vertragsarten, Vertriebsgebiete oder das gesamte (Versicherungs-) Unternehmen ermittelt werden – so auch für alle über einen Vermittler akquirierten Versicherungsverträge (Beurteilungskriterium für den Produktanbieter und die Vertriebsqualität).
Diese Kennzahl ist in der Versicherungswirtschaft (insbes. Unfall- und Sachversicherung) ein wichtiger Rentabilitäts-Indikator und setzt den Aufwand zur Regulierung von Schäden zu den verdienten Beiträgen in Beziehung. Kann durch sorgfältige Kundenselektion (in Grenzen) verringert werden.
Zahlungsrückstands-/Zahlungsausfallquote: Zahlungsrückstände oder Zahlungsausfälle der Kunden in Relation zu den gesamte Beitragszahlungen aller Bestandskunden einer Periode (x 100 in Prozent). Diese Kennzahl gibt den Anteil der leistungsgestörten Verträge/Prämien an den gesamten Beiträgen wieder (selten wird hier mit Stück/Anzahl der Verträge gearbeitet, da Kunden häufig nur teilweise rückständig werden). Beitragsfrei gestellte Verträge sind hierbei zu berücksichtigen/herauszurechnen. Die Zahlen entstammen idR. der Debitorenbuchhaltung und zeigen eine (evtl. vorübergehende) Zahlungsunfähigkeit/-willigkeit der betroffenen Kunden auf, die zu Rückstellungen oder Abschreibungen und damit Ertragseinbußen führen kann (sie kann durch eine Bonitätsprüfung zumindest teilweise vermindert/vermieden werden). Hinweis: Zahlungsrückstände können häufig durch eine hohe Lastschriftquote, d.i. die Anzahl der Beitragseingänge in einem Lastschriftverfahren in Relation zu den gesamten Beitragseingängen (in Stück), vermindert werden. Die Erfolgsquote der Debitorenabteilung insbes. von Versicherungsvermittlern und Versicherungsunternehmen hängt nicht unwesentlich von dem Erreichen einer möglichst hohen Lastschriftquote bei den Beitragszahlungen ab. Im Zusammenhang mit der Einführung des SEPA-Basislastschriftverfahrens bestehen hier – wie bei allen Veränderungen im Leistungsbereich der Agenturen - konkrete Möglichkeiten der Kundenansprache (kann auch für die Produktwerbung genutzt werden).
Inkassoerfolgsquote: Zahlungseingänge aufgrund von betriebenen Inkassoverfahren in Relation zu den rückständigen Beitragszahlungen in einem Inkassoverfahren ( x 100 in Prozent). Inkassoverfahren dienen der zeitnahen Eintreibung rückständiger Beitragszahlungen zur Minimierung von Zahlungsrückständen/-ausfällen. Den eingegangenen Zahlungen bzw. der Erfolgsquote sind die Kosten für die Inkassoverfahren gegenüber zu stellen (Verwaltungs-, Mahn-, Rechtsvertretungs- u./o. Gerichtskosten), ggfls. lohnt sich ein Outsourcing an ein professionelles Inkassobüro.
Kundenbonität: Drückt bei einem (sehr) guten Wert die Erwartung aus, dass ein Kunde während der Vertragslaufzeit nicht zahlungsunfähig wird bzw. vice versa. Sie wird bei Privatkunden meist mithilfe eines sog. Scoringverfahrens ermittelt und drückt die Ausfallwahrscheinlichkeit eines Kunden (in Prozent) – meist komprimiert in Ausfallklassen oder Ratingnoten – aus. Ihre rechtzeitige Beachtung (vor Vertragsabschluss!) soll Leistungsstörungen während der Vertragsdauer oder Kreditausfälle eines Kunden durch Vertrags-/Konditionsgestaltung bzw. Kundenselektion möglichst verhindern. Die Kundenbonität kann auch zur Risiko-Klassifizierung des gesamten Kundenbestandes verwendet werden.
Fremdvertragsquote: Eigene Vertragsabschlüsse mit den Kunden (-gruppen) in Relation zu den Gesamt- oder Fremdverträgen dieser Kunden (-gruppen); diese Kennzahl kann – sofern die benötigten Daten erhältlich sind – für Neukunden und Bestandskunden, innerhalb einer Periode oder zu einem bestimmten Zeitpunkt, ermittelt werden. Sie gibt – insbes. im Zeitablauf – Hinweise auf die Vertriebseffizienz/-qualität und die Attraktivität der eigenen Produkte ( -> ggfls. Wechsel des Anbieters, Änderung oder Ausweitung des Sortiments) sowie jener des Wettbewerbs.
Vertragsdichte/Cross Selling Ratio: Durchschnittliche Anzahl an Verträgen/Abschlüssen pro Kunde. Sie spiegelt grundsätzlich die Attraktivität der Kunden wieder (die aber von weiteren Kriterien wie z.B. der Höhe der Abschlüsse beeinflusst wird – siehe auch A,B,C-Kunden), gilt aber auch als Hinweis für die Güte der Produkte und (Vertriebs-) Kompetenz der Mitarbeiter. Sie ist eine Kennzahl die erst im Vergleich aussagekräftig wird.
Kundenwert (engl. Customer Lifetime Value): Abgezinste Deckungsbeiträge eines Kunden in Euro x erwartete Kundenbeziehungsdauer in Jahren. Er drückt den zum heutigen Zeitpunkt erwarteten Gesamtwert (Barwert) einer Kundenbeziehung aus, ist aber wegen der (linearen) Fortschreibung der bisherigen Entwicklung und der Schätzung der zukünftigen Beziehungsdauer mit Unschärfen/Unsicherheiten behaftet. Dieser Wert kann beispielsweise dem durchschnittlichen Kundenwert des Unternehmens gegenüber gestellt werden; zu dessen Ermittlung wird der gesamte Barwert aller Deckungsbeiträge der Kunden mit der durchschnittlichen Kundenbeziehungsdauer multipliziert und durch die Anzahl der Kunden dividiert. Die Kennzahl dient der Vertriebssteuerung (Ressourcenallokation, Prognosen) und der Kundenklassifizierung.
Der Kundenwert ist idR. weder gleichbleibend noch ändert er sich linear, sondern entwickelt sich in den verschiedenen Phasen der Kundenbeziehungsdauer unterschiedlich. Die einzelnen Phasen erfordern entsprechend angepasste Vertriebsstrategien.
A,B,C-Kunden: Umsatz, Deckungsbeitrag oder Potenzialrate pro Kunde, geordnet und klassifiziert in Relation zum gesamten Kundenbestand. Diese Einteilung wird mit Hilfe der A,B,C-Analyse vorgenommen und dient – insbes. im Rahmen einer wertorientierten Vertriebssteuerung - der Bildung strategischer Kundensegmente mit dem Ziel differenzierter Marktbearbeitung (Vertriebsschwerpunkte/Besuchsfrequenz). Häufig wird hierbei – angelehnt an das sog. Paretoprinzip - zwischen Klassen mit 20% Topkunden (A), 60% Durchschnittskunden (B) und 20% eher unbefriedigende Kundenbeziehungen (C) unterschieden, allerdings wird hierbei auch je nach Marktsituation, Unternehmensstrategie, Unternehmensgröße/Kundenanzahl, Zielsetzung u.a. variiert und andere Klassengrößen gewählt. Verschiedentlich wird eine Differenzierung/Segmentierung der Kundengruppen nach spezifischen Kriterien der Geschäftsbeziehungen – wie Anzahl Stornoquoten, Fremdverträge, Beschwerderaten uam. - vorgenommen und die Betreuungsintensität danach ausgerichtet. Hinweis: Auch für Produkte und andere Einheiten kann eine A,B,C-Klassifizierung/Analyse durchgeführt werden. Allerdings ist eine solche Differenzierung nur dann sinnvoll, wenn sich die einzelnen Einheiten deutlich unterscheiden (statistisch wird dies durch den ‚Gini-Koeffizienten‘ oder die ‚Lorenz-Kurve‘ dargestellt). Wenn beispielsweise alle Kunden in etwa denselben Umsatz erbringen, lässt sich keine aussagefähige Klassenbildung vornehmen. Zur Ermittlung von Deckungsbeiträgen pro Kunde siehe Vertriebsergebnis/Deckungsbeitrag weiter unten.
Zur A,B,C-Kunden-Analyse – der Grundlage für die o.a. Klassifizierung/Einstufung der Kunden - sehen Sie nachstehendes Beispiel. Insbesondere bei der Ermittlung/Schätzung der o.a. Potenzialraten muss zur Bildung aussagefähiger/vertriebsrelevanter Kundensegmente auf Informationen aus der Kundenbetreuung – idR. vermerkt/gespeichert in Beratungsunterlagen/Analysetools - wie z.B. Bestandsdaten, Kundenfeedbacks, Kundenbefragungsergebnisse, Marktdaten uam. zurück gegriffen werden, zu denen auch soziodemografische Daten wie Wohnort/Region, Berufsstatus (Selbständig/Angestellt), Branche bei Firmenkunden, Hobbys/lnteressen, Lebensphase/Generation, Familienstand, Einkommen, Immobilienbesitz, Kinder, Geschlecht, artikulierte Bedarfssituation uam. zählen. Hieraus lassen sich weitere Zielgruppen/Kundensegmente für die Vertriebssteuerung ableiten (z.B. alle verheirateten Kunden mit Kindern, alle vermögenden Privatkunden, alle Firmenkunden in Region XY oder andere Kundenprofile).
Da sich die o.a. Kundendaten (inkl. Kundenbedürfnisse) im Zeitablauf mehr oder weniger häufig ändern (z.B. Alter, Familienstand, Vermögensverhältnisse, Anlage-und Absicherungsbedarf), sind diese in den CRM-/Controlling-Systemen laufend zu aktualisieren und bei der Kundenbetreuung/Vertriebssteuerung sowie den verwendeten Kennzahlen zu berücksichtigen.
Das trifft auch und insbesondere dann zu, wenn man antizipativ, d.h. vorausschauend die verschiedenen Lebensabschnitte der Kunden betrachtet (nicht zu verwechseln mit dem o.a. Kundenbeziehungslebenszyklus). Es ist unmittelbar einsichtig und Erfahrungstatsache, das sich die Bedürfnisse und Präferenzen der Menschen im Laufe ihres Lebens wiederholt ändern. Das gilt auch für die Finanzangelegenheiten mit den drei A: Anlage, Anschaffung, Absicherung – was Finanzdienstleister längst erkannt und in ihren Konzepten/Angeboten berücksichtigt haben:
In der Jugend/Adoleszenz werden andere Anlageziele und –horizonte verfolgt als bei erwachsenen Erwerbstätigen und erst recht von Rentnern. Anschaffungen (Kredite) liegen schwerpunktmäßig in der Phase der Erwerbstätigkeit, der Abschluss von Absicherungen in der ersten Lebenshälfte. Beeinflusst von den o.a. sozio-demografischen Daten können sich natürlich Verschiebungen und Überschneidungen ergeben, Laufzeiten/Fälligkeiten reichen oft in spätere Phasen.
Beispiel für eine A,B,C-Kundenanalyse:
Das Portefeuille besteht aus 25 Kunden, welche nachstehende Umsätze (Beitragseinnahmen) generieren.
Gefragt ist eine A,B,C-Klassifizierung nach der Höhe der Umsätze, wobei die Klassen in 20% A-Kunden, 60% B-Kunden und 20% C-Kunden unterteilt werden sollen.
Berechnung:
- Schritt: Bildung einer Rangreihe nach Umsätzen
- Schritt: Berechnung der Anzahl Kunden in den 3 Klassen (z.B. 20% der 25 Kunden = 5 Kunden)
- Schritt: Identifizierung der 5 Kunden mit den höchsten Umsätzen (= A-Kunden), der 15 Kunden mit den nächstgrößten Umsätzen (= B-Kunden) und der 5 Kunden mit den geringsten Umsätzen (= C-Kunden). Hinweis: Haben Kunden den gleichen Umsatz, erhalten sie den gleichen Rang, verdrängen aber entsprechend die nachfolgenden Kunden (siehe Beispiel). Sollte eine Klassengrenze zwischen Kunden mit dem gleichen Umsatz verlaufen, könnte man – abhängig von der Vertriebsstrategie – die Klassengrenze verschieben oder zusätzliche Kriterien zur Klassenzuordnung heranziehen (z.B. Dauer der Kundenbeziehung, Vertragsdichte).
- Schritt: Darstellung (z.B. Grafik, Tabelle) und Interpretation der Ergebnisse (evtl. unter Zuhilfenahme von Durchschnittswerten).
Kunden |
Umsatz € |
|
Rang |
Klasse |
Kunde 1 |
1.000 |
|
14 |
B |
Kunde 2 |
2.000 |
|
10 |
B |
Kunde 3 |
5.000 |
|
5 |
A |
Kunde 4 |
3.000 |
|
7 |
B |
Kunde 5 |
1.000 |
|
14 |
B |
Kunde 6 |
20.000 |
|
1 |
A |
Kunde 7 |
1.000 |
|
14 |
B |
Kunde 8 |
500 |
|
24 |
C |
Kunde 9 |
2.000 |
|
10 |
B |
Kunde 10 |
600 |
|
23 |
C |
Kunde 11 |
1.000 |
|
14 |
B |
Kunde 12 |
800 |
|
22 |
C |
Kunde 13 |
500 |
|
24 |
C |
Kunde 14 |
3.000 |
|
7 |
B |
Kunde 15 |
10.000 |
|
3 |
A |
Kunde 16 |
900 |
|
21 |
C |
Kunde 17 |
1.000 |
|
14 |
B |
Kunde 18 |
1.000 |
|
14 |
B |
Kunde 19 |
3.000 |
|
7 |
B |
Kunde 20 |
8.000 |
|
4 |
A |
Kunde 21 |
2.000 |
|
10 |
B |
Kunde 22 |
4.000 |
|
6 |
B |
Kunde 23 |
2.000 |
|
10 |
B |
Kunde 24 |
15.000 |
|
2 |
A |
Kunde 25 |
1.000 |
|
14 |
B |
25 Kunden |
89.300 |
|
|
|
|
|
|
|
|
Darstellung der Ergebnisse: |
ere |
|
|
|
Klasse |
Anzahl % |
Anzahl |
Umsatz € |
Umsatz % |
Ø Umsatz € |
A |
20% |
5 |
57.000 |
64% |
11.400 |
B |
60% |
15 |
29.000 |
32% |
1.933 |
C |
20% |
5 |
3.300 |
4% |
660 |
Summe |
100% |
25 |
89.300 |
100% |
3.572 |
Interpretation der Ergebnisse: 20% der Kunden (A) erbringen 64% des Umsatzes, Ø Umsatz = 11.400 €
60% der Kunden (B) erbringen 32% des Umsatzes, Ø Umsatz = 1.933 €
20% der Kunden (C) erbringen 4% des Umsatzes, Ø Umsatz = 660 €
Man erkennt deutlich, dass 20% der Kunden (A-Kunden) knapp 2/3 des Gesamtumsatzes erwirtschaften, die B-Kunden gerade die Hälfte davon und die C-Kunden nur einen Bruchteil des Gesamtumsatzes. Entsprechend der Vertriebsstrategie wird man die (knappen) Ressourcen steuern (z.B. Frequenz der Besuche, Betreuung per Telefon u.a.).
Kundenbilanz: Zu- und Abgänge sowie Bestand von Kunden, auch unter Berücksichtigung der damit verbundenen Umsatzveränderungen. So könnten ‚große‘ (Bestands-) Kunden bei Auslaufen von Verträgen abwandern, die nicht adäquat durch Neukunden mit evtl. geringeren Abschlussvolumina bzw. Provisionserträgen ersetzt werden -> Verschiebung der Kundenstruktur in der A,B,C-Analyse, Planwerte für Neukundenakquisition zur Kompensation der Abwanderungen/Stornos, Churn Management.
Bestandsentwicklung: Anzahl/Volumina von Abschlüssen mit Bestandskunden. Diese ist in regelmäßigen Zeitabständen zu messen und zu beurteilen. Sie zeigt (den Saldo aus) Neuabschlüsse der Bestandskunden und Abgänge/Fälligkeiten sowie Prolongationen von Anlagen auf und dient der Steuerung und Bewertung der Vertriebsaktivitäten (insb. der Bestandspflege) sowie der Planung und Prognose (siehe dazu auch Vertriebsziele: Wiederanlagequote). In Verbindung mit den entsprechenden Umsätzen/Deckungsbeiträgen kann auch eine laufende/periodische Rentabilitätsbetrachtung durchgeführt werden.
2. Kennzahlen zur Vertriebsaktivität
Durchschnittliche Vertragshöhe pro Vertrag, Vertriebsmitarbeiter, Kunde, Sparte: Summe aller Vertragsvolumina je Einheit in Relation zur Summe Anzahl aller Verträge je gewählter Einheit (kann mit Brutto- und Nettoeinheiten gerechnet werden). Zeigt beispielsweise Unterschiede zwischen Direktvertrieb und Außendienst (Fixkosten sind idR. unabhängig von der Vertragshöhe). Wird für betriebliche und überbetriebliche Vergleiche herangezogen und im Zeitablauf betrachtet (Steuerungsindikator).
Beispiel: Eine Vermittlungsagentur konnte im abgelaufenen Geschäftsjahr folgende Abschlussquoten erzielen:
Insgesamt 150 Abschlüsse mit einem Gesamtvolumen von 3 Mio.€.
Davon entfielen auf die 10 Außendienstmitarbeiter 100 Abschlüsse mit einem Volumen von 2,5 Mio.€, der Rest wurde im Direktvertrieb abgesetzt. Die insgesamt 120 Kunden lassen sich zu 60% der Sparte A zuordnen, auf die 80% der Abschlüsse mit 50% des Volumens entfielen, der Rest entfällt auf Sparte B.
Frage: Durchschnittliche Vertragshöhen pro Vertrag, Vertriebsmitarbeiter, Kunde, Sparte.
Berechnungen/Lösungen:
Ø Vertragshöhe/Vertrag = Gesamtvolumen iHv. 3 Mio.€ / 150 Abschlüsse = 20.000€
Ø Vertragshöhe/Vertriebsmitarbeiter = Volumen iHv. 2,5 Mio.€ / 100 Abschlüsse = 25.000€
Ø Vertragshöhe/Direktvertrieb = Volumen iHv. 500.000€ / 50 Abschlüsse = 10.000€
Ø Vertragshöhe/Kunde = Gesamtvolumen iHv. 3 Mio.€ / 120 Kunden = 25.000€
Sparte A: 80% von 150 Abschlüssen und 50% des Volumens von 3 Mio.€ = 120 Abschlüsse und 1,5 Mio.€ Volumen
Sparte B: 20% von 150 Abschlüssen und 50% des Volumens von 3 Mio.€ = 30 Abschlüsse und 1,5 Mio.€ Volumen
Ø Vertragshöhe/Sparte A = Volumen iHv. 1,5 Mio.€ / 120 Abschlüsse = 12.500€
Ø Vertragshöhe/Sparte B = Volumen iHv. 1,5 Mio.€ / 30 Abschlüsse = 50.000€
Anm.: Die 10 Vertriebsmitarbeiter erzielten Ø je 10 Abschlüsse iHv. jeweils Ø 25.000€.
Die Kunden der Sparte A schlossen teilweise mehrfach Verträge ab.
Anzahl Verträge pro Vertriebsbereich in Relation zur Anzahl Mitarbeiter (Vertriebsproduktivität); kann mit Brutto- und Nettoeinheiten gerechnet werden. Wie bei der vorhergehenden Kennzahl sind Vergleiche mit anderen Vertriebsbereichen oder vereinbarten (Soll-) Werten möglich; zeigt im Zeitvergleich die Entwicklung auf.
Terminquote (Vertriebseffizienz): zeitlicher Anteil der Außenkontakte/Vertrieb im Verhältnis zu gesamt verfügbarer Arbeitszeit pro Betrachtungsperiode (x 100 in Prozent). Der zeitliche Aufwand für administrative Tätigkeiten (z.B. Vertriebs-/Terminplanung, Terminnachbereitung/Dokumentation, Auftragsverwaltung und Kundenbestandspflege) soll so gering wie möglich gehalten werden (oft hilft hier der Einsatz entsprechender CRM-Tools); allerdings zählen idR. auch ‚wenig produktive‘ Zeiten wie die An- und Abreise bei Kundenbesuchen zur aktiven Vertriebszeit (und verfälschen beim Vergleich u.U. die entsprechenden Kennzahlen).
Zeitdauer vom Erstkontakt/Erstbesuch bis zum Vertragsabschluss (Vertriebseffizienz); ist nach Produkten und Mitarbeitern differenzierbar. Dient v.a. der Vertriebsplanung und Mitarbeiterqualifizierung (siehe auch Kundenstruktur ‚Leads‘).
Besuchserfolgsquote/Vertriebseffizienz: Anzahl der abgeschlossenen Verträge in Relation zur Anzahl der Besuche in einer Periode (x 100 in Prozent) -> wie häufig wurde ein Kunde aufgesucht bis es zum Abschluss kam; kann und soll (zur Erhöhung der Aussagekraft) nach Vertriebsmitarbeitern/Vertriebskanälen, Produkten und Kundengruppen differenziert werden.
Die Erfolgsquote ist auch vom Wettbewerb und der Höhe der Abschlüsse beeinflusst/abhängig.
Betriebskosteneffizienz: Zur Erhöhung der Deckungsbeiträge (s.u.) könnten die variablen Kosten u.U. durch Optimierung des Ablaufs und Erhöhung der Effizienz der Vertriebsmitarbeiter (Schulung) in gewissem Ausmaß verringert werden. Das trifft auch und insbesondere auf die Akquisitions- und Abschlusskosten von Kunden zu, die zur Erhöhung der Vertriebseffizienz als Steuerungsparameter für die Mitarbeiter- und Organisationsentwicklung eingesetzt werden können. Zu den Akquisitionskosten für Neukunden zählen v.a. Kosten für Werbung, Internet, Personal, Telekommunikation, Reisen, Provision des Außendienstmitarbeiters, Kundeninformationen uam., zu den Abschlusskosten (zusätzlich) Kosten für die Erstellung und Übergabe des Angebots wie Vertragsanlage (Personal, Bonitätsprüfung und ggfls. weitere Reisekosten) sowie Vertragsabwicklung (Personal- und EDV-/Sachkosten) uam. Die Entwicklung der (variablen) Betriebskosten kann für Steuerungs- und Vergleichszwecke (z.B. nach Kundengruppen, Vertriebskanälen/-gebieten) herangezogen werden (Benchmark: Best Practises).
Als spezielle Kennzahlen der Betriebskosteneffizienz ist die Verwaltungskostenquote und die Abschlusskostenquote zu betrachten. Die Verwaltungskostenquote (Verwaltungskosten zu Bruttobeiträgen) zeigt auf, welcher Anteil der Beiträge pro Jahr für die laufende Verwaltung (ohne Abschlusskosten und Kapitalanlagekosten) verbraucht wurde. Diese Kennzahl ist v.a. im Zeitvergleich (Entwicklung) und Betriebsvergleich (Branche) aussagefähig.
Die Abschlusskostenquote (Abschlusskosten zu Bruttobeiträgen) führt an, welcher Anteil der Bruttobeiträge für den Abschluss neuer Verträge verwendet wurde. Da die Abschlusskosten aus vielen Einzelbestandteilen zusammen gesetzt sind, sind diese bei deren Interpretation/Bewertung akkurat zu berücksichtigen (z.B. Provisionssatz/jährliche Vermittlerprovision, Intensität der Bonitätsprüfung, Unterscheidung in Gruppen- oder Einzelvertragsabschlusskosten uam.).
Vertriebsintensität: Anzahl Kundenkontakte/Besuche (pro Zeiteinheit) je Mitarbeiter/Partner u.a. Hängt nicht zuletzt von der Vertriebs- und Kundenstruktur (z.B. A,B,C-Kunden, Vertriebsgebiet/Einwohnerdichte) ab. Sie zeigt die Besuchs- und Kontakthäufigkeit (Engagement) der Vertriebsmitarbeiter und dient als Vergleichsmaßstab mit anderen Mitarbeitern sowie vereinbarten Sollwerten (reine Mengenbetrachtung, keine Aussage über den Erfolg!)
3. Kennzahlen zu Vertriebszielen
Definition Vertriebspotential: Marktpotenzial (siehe Kennzahlen zum Markterfolg) abzüglich der eigenen Bestandskunden = das Ausmaß des (rechnerisch) noch auszuschöpfenden Ziel-Marktes.
Das Vertriebspotential wird idR. – unter Berücksichtigung der Wettbewerbssituation - zur Steuerung des Vertriebsaufwands (Ressourcenallokation) herangezogen.
Ein Vertriebspotential kann – bei vorliegen der (aktuellen) Daten - auch für bestimmte Marktsegmente (z.B. Zielkunden, Leads, Adressen) ermittelt und zur Steuerung der Vertriebsmitarbeiter-/ausgaben verwendet werden. So kann das Verhältnis Leads zu realisierten Abschlüssen ebenfalls als Vertriebserfolgsmaßstab angesehen werden.
Abschlusserfolgsquote oder Angebotseffizienzrate: Anzahl abgeschlossener Aufträge in Relation zur Anzahl dafür abgegebener Angebote (x 100 in Prozent); kann auch für einzelne Produkte/Produktgruppen und Vertriebsmitarbeiter/Vertriebskanäle/Vertriebsgebiete ermittelt werden. Gibt einen Hinweis auf die Attraktivität/Preisadäquanz der Angebote und den Wettbewerb. Siehe auch Abschlussvolumenrate, nachfolgend mit Beispiel.
Neuabschlussquote: Anzahl (neu) erhaltener Verträge/Abschlüsse - differenziert nach Zielmärkten/-gruppen, Produktgruppen/Sparten, Vertriebskanälen (z.B. Internet), Mitarbeitern/Vertriebspartnern - im Verhältnis zu den Gesamtneuabschlüssen oder zum gesamten Bestand (x 100 in Prozent). Sie dient v.a. der Produkt- und Ressourcensteuerung (Vertriebsaktivitäten) und kann bei Stagnation im Zeitablauf zum Einsatz von Kundenwiedergewinnungs-/Kundenaktivierungsmaßnahmen führen.
Abschlussvolumenrate: Abweichung der abgeschlossenen Vertragsvolumina von der/den zugehörigen Angebotshöhe(n) in Relation zu den abgegebenen Angeboten (kann insgesamt oder pro Vertriebsmitarbeiter/Vertriebskanal, Kunde/Kundengruppe, Produkt/Produktgruppe ermittelt werden) = Summe der Volumendifferenzen aus Angebot und Abschluss (insgesamt oder je Einheit) durch Summe Volumen aller Angebote (insgesamt oder je Einheit) (x 100 in Prozent). Die Kennzahl ist stark vom Wettbewerb und dessen Strategie abhängig (z.B. Preiskampf). Sie kann zu Vergleichen herangezogen werden (aus den Begründungen der Vertriebsmitarbeiter können evtl. Steuerungsimpulse abgeleitet werden, z.B. zum Vergütungssystem oder zur Weiterbildung).
Beispiel für Abschlusserfolgsquote, Abschlussvolumenrate und Neuabschlussquote:
Im Betrachtungszeitraum (1 Jahr) wurden von einer Agentur insgesamt 220 Angebote mit einem Gesamtvolumen von 3 Mio.€ abgegeben, woraus 110 Abschlüsse mit einem Volumen iHv. insgesamt 1 Mio.€ resultierten. Davon wurden über das Internet 30 Angebote mit einem Volumen von insgesamt 500.000€ übermittelt, woraus 9 Abschlüsse mit einem Gesamtvolumen von 200.000€ erreicht werden konnten. An Beständen weist die Agentur 1.100 Verträge mit einem Gesamtvolumen von 25 Mio.€ aus.
Gefragt sind die Abschlusserfolgsquote und Abschlussvolumenrate insgesamt und für den Vertriebskanal Internet, die Neuabschlussquote insgesamt und hiervon der Internetanteil sowie die durchschnittlichen Volumenhöhen.
Berechnungen:
Abschlusserfolgsquote insgesamt = Anzahl abgeschlossener Aufträge / Anzahl dafür insgesamt
abgegebene Angebote (x 100 in Prozent) = 110 / 220 = 0,5 = 50%
Abschlusserfolgsquote Internet = Anzahl abgeschlossener Aufträge / Anzahl dafür im Internet
abgegebener Angebote (x 100 in Prozent) = 9 / 30 = 0,3 = 30%
Abschlussvolumenrate insgesamt = Summe der Volumendifferenzen aus Angebot und Abschluss insgesamt / Summe Volumen aller abgegebenen Angebote (x 100 in Prozent) = (3.000.000 – 1.000.000) / 3.000.000 = 2.000.000 / 3.000.000 = 67%
Abschlussvolumenrate Internet = Summe der Volumendifferenzen Internet / Summe Volumen aller im Internet abgegebenen Angebote (x 100 in Prozent) = (500.000 – 200.000) / 500.000 = 300.000 / 500.000 = 60%
Neuabschlussquote insgesamt = Anzahl (neu) abgeschlossener Verträge / gesamter Vertragsbestand
(x 100 in Prozent) = 110 / 1.100 = 0,10 = 10%
Neuabschlussquote Internetanteil = Anzahl erhaltener Abschlüsse über das Internet / Anzahl (neu) abgeschlossener Verträge insgesamt (x 100 in Prozent) = 9 / 110 = 0,8 = 8%
Durchschnittliche Volumina:
Bestand = 25 Mio.€ Gesamtvolumen / 1.100 Verträge -> Ø Volumen = 22.727€ je Vertrag Angebote insgesamt = 3 Mio.€ / 220 Angebote -> Ø Volumen = 13.636€ je Vertrag Angebote Internet = 500.000€ / 30 Angebote -> Ø Volumen = 16.667€ je Vertrag
Abschlüsse insgesamt = 1 Mio.€ / 110 Abschlüsse -> Ø Volumen = 9.091€ je Vertrag Abschlüsse Internet = 200.000€ / 9 Abschlüsse -> Ø Volumen = 22.222€ je Vertrag
Interpretation der Ergebnisse: Die Abschlusserfolgsquote (gemessen an der Anzahl Verträge) über den Vertriebskanal Internet lag deutlich unter der entsprechenden Gesamterfolgsquote. Auch die Neuabschlussquote (gemessen an der Anzahl Verträge) ist insgesamt höher als der Anteil der Internetabschlüsse an dieser Quote. Dagegen war die Abschlussvolumenrate (Differenz zwischen Angebots-/Abschlussvolumina) im Internet niedriger als insgesamt. Bei den Durchschnittswerten zeigt sich, dass sowohl die Volumina der Angebote als auch Abschlüsse durchweg unter den Bestandswerten liegen (vorsichtige/verhaltene Vertriebspolitik). Während die durchschn. Abschlüsse insgesamt erwartungsgemäß unter den entsprechenden Angeboten liegen, übertreffen die Abschlüsse des Internetgeschäfts die entsprechenden Angebote dieses Vertriebskanals. Dies liegt darin begründet, dass die Internetangebote im Durchschnitt höher als die gesamten Angebote sind, die Differenzen zwischen Angebots- und Abschlussvolumina dagegen geringer als insgesamt und die wenigen verbliebenen Internetkunden deutlich höhere Abschlüsse getätigt haben als ihnen ursprünglich angeboten wurde und als der Durchschnitt der gesamten Kunden abgeschlossen hat.
Neukundenquote bei Auftragseingängen: Abschlüsse mit Neukunden in Relation zu den gesamten Abschlüssen. Diese Kennzahl zeigt eine Erhöhung des Marktanteils oder den Ausgleich von Bestandskundenverlust auf, gibt Hinweise auf die Marktattraktivität des Angebots oder die Folge von Marketingaktionen (allerdings verursachen Neukunden anfänglich einen hohen Aufwand) -> kann auch als Kennzahl des Markterfolges (s.u.) betrachtet werden.
Neukundenanlagerate: Das Verhältnis der Neukundenquote zur Wiederanlagequote (siehe Kundenstruktur, weiter oben) und die Analyse der Unterschiede ergibt je nach Vertriebsziel/Unternehmensstrategie (z.B. Marktanteilserhöhung, Bestandspflege) entsprechende Hinweise auf die Effizienz der durchgeführten Maßnahmen (Vertriebszielerreichung).
4. Kennzahlen zum Vertriebsergebnis
Hinweis: Als Umsatz sollen im Folgenden ausschließlich die erzielten Abschluss- und/oder Bestandsprovisionen verstanden werden.
Umsatzanteil I: Umsatzanteil eines verkauften/vermittelten Produktes (z.B. Lebensversicherungen) aus einem bestimmten Segment (z.B. Versicherungen) am Umsatz dieses Segments, oder Umsatzanteil eines bestimmten Segments (z.B. Versicherungen) am Gesamtumsatz der Agentur = Produktumsatz in Relation zum Segmentumsatz oder Segmentumsatz in Relation zum Gesamtumsatz. Diese Kennzahl zeigt die Kunden- und/oder Vertriebspräferenz für das jeweilige Produkt bzw. Segment auf. Abhängig vom Vertriebsziel kann sie als Erfolgsmaßstab herangezogen werden.
Hinweis: Diese Kennzahl kann – bei Kenntnis der entsprechenden Marktdaten (Marktvolumen) – auch zur Ermittlung der entsprechenden Marktanteile verwendet werden.
Umsatzanteil II: Umsatzanteil vermittelter Verträge/Abschlüsse getrennt nach Zielmärkten/-gruppen, Produktgruppen oder für ausgewählte Produkt-/Zielgruppenkombination; die Kennzahl kann auch mit Deckungsbeiträgen (s.u.) gerechnet werden. Diese Kennzahl dient v.a. der Produkt- und Ressourcensteuerung und zeigt ggfls. das Umsatzergebnis oder die Umsatzsteigerung z.B. nach Werbemaßnahmen und gewährten Rabatten/Provisionsabgaben oder Änderung des Produktportfolios auf.
Umsätze je Vertriebskanal: Umsätze in den einzelnen Vertriebskanälen in einem bestimmten Zeitraum, evtl. im Verhältnis zum Gesamtumsatz (x 100 in Prozent); kann gleichartig auch für Deckungsbeiträge je Vertriebskanal (z.B. Mitarbeiter, Vertriebspartner, Regionalniederlassung) errechnet werden. Die Kennzahl zeigt das Umsatzergebnis der verschiedenen Vertriebskanäle in einer Periode oder Umsatzänderungen in diesen Kanälen z.B. nach Modifikationen in der Preispolitik (Netto-Produkte, Rabatte, Provisionsabgabe uam.), Werbemaßnahmen oder Neuerungen im Vergütungssystem (z.B. Erhöhung der prozentualen Umsatzbeteiligung); kann auch als Anteil der einzelnen Vertriebskanäle am Gesamtumsatz ermittelt werden.
Umsatzentwicklung: Unterjähriger Vergleich des erzielten (Gesamt-) Umsatzes bis zum Stichtag mit dem geplanten Jahresumsatz (‚Total Contract Value‘); sie kann auch auf einzelne Einheiten (Zielgruppen/Regionen, Produktgruppen oder Vertriebsbereiche/Mitarbeiter) herunter gebrochen werden. Die Verfolgung der Entwicklung dient der rechtzeitigen Korrektur bei Planabweichungen, ist aber im Rahmen von Vergleichen nur bei gleichförmiger Marktentwicklung direkt aussagefähig (z.B. keine saisonale Schwankungen).
Anteil der Bestandsprovisionen am Gesamtumsatz: Diese Kennzahl gibt den durch mittel- und langfristige Verträge abgesicherten Anteil des Umsatzes am Gesamtumsatz wieder. Sie dient der Vertriebs- und Ergebnisplanung und vergrößert die Sicherheit von Umsatz-/Ertragsprognosen. Anm.: Die während der Vertragslaufzeit idR. kontinuierlich eingehenden Bestandsprovisionen sind als relativ gesicherte Einkunftquellen ein fester Bestandteil der betrieblichen Erfolgsrechung/-planung (GuV).
Verhältnis Bestandsprovisionen zu Abschlussprovisionen/-courtage. Diese Kennzahl ist – je nach Unternehmensstrategie – ein Indikator für die Dynamik des Vertriebs (Vertriebsaktivität/Vergütungssystem) und Maßstab der Erreichung der formulierten Vertriebsziele. Hohe Bestandsprovisionen deuten auch auf eine entsprechende Vertriebsqualität (richtige Produkte, kompetente Betreuung) hin, allerdings ist die Kennzahl stark vom Sättigungsgrad des Marktes abhängig (s.u.).
Deckungsbeitrag pro Kunde: Das ist der Anteil am (Provisions-) Erlös, den ein Kunde, nach Berücksichtigung seiner variablen Kosten zur Geschäftsausführung/-bearbeitung, zur Deckung der (aktivitätsunabhängigen) fixen/festen Kosten und zur Erzielung eines Gewinns erwirtschaftet. Diese Kennzahl des (Vertriebs-) Ergebnisses einzelner Kunden (oder Kundengruppen) dient beispielsweise auch der wertorientierten Kundenklassifizierung (z.B. A,B,C-Kunde nach Deckungsbeiträgen) und gibt Impulse zur Steuerung der weiteren Vertriebsaktivitäten/-intensität (z.B. Besuchstermine). Sie kann zur Renditeberechnung je Kunde (Ertrag / Aufwand) weiter entwickelt werden.
Berechnung des Deckungsbeitrags eines Kunden:
Bestandsprovisionen
+ Abschlussprovisionen
= Gesamtprovision
- Aufwand für Akquise und Abschluss/Vertrieb
- Aufwand Antragsbearbeitung und Administration
- Aufwand für Bestands-, Leistungs- und/oder Schadenbearbeitung
= Deckungsbeitrag des Kunden
Beispiel: Aus der Kundenbuchhaltung wurden für den Kunden XY folgende Daten für das abgelaufene Jahr gemeldet: Bestandsprovisionen 1.000 €, Abschlussprovisionen 5.000 €, Personal- und Sachaufwand für Akquise und Vertrieb 2.000€, für Administration und Antragsbearbeitung 200€ und für die Bestandsbearbeitung 100€. Weitere Aufwendungen fielen nicht an.
Gefragt ist der Deckungsbeitrag (DB) des Kunden im Berichtsjahr.
Berechnung: Bestandsprovisionen 1.000 € + Abschlussprovisionen 4.000 € = Gesamtprovision 5.000 € - Aufwand für Akquise und Vertrieb 2.000 € - Aufwand für Antragsbearbeitung und Administration 200 € - Aufwand für Bestandsbearbeitung 100 € = Deckungsbeitrag des Kunden XY 2.700 €
Hinweis: Zu den Kennzahlen zum Vertriebsergebnis zählen im weiteren Sinne auch die o.a. Vertriebsaufwandquote und Abschlussaufwandquote sowie die unten angeführte Kostenquote.
5. Kennzahlen zu Vertriebsqualität
Die bei der Kundenstruktur angeführten Kennzahlen Stornoquote, Reklamationsquote, Zahlungsrückstandsquote sowie Kundenzufriedenheit, Referenzquote, Wiederanlagequote, Vertragsdichte und Kundenbeziehungsdauer, wie auch (in Grenzen) die Schadenquote und weitere vorgestellte Kennzahlen sind gleichermaßen Maßstäbe für die Beurteilung der Vertriebsqualität. In ihnen drückt sich nicht zuletzt eine ausgeprägte Kundenorientierung der Berater/Vermittler aus, die noch vor das Ziel einer Verbesserung des Vertriebsergebnis die optimale Bedarfsdeckung der Kunden stellt. Ihre Größenordnung und Entwicklung sind unmittelbare quantitative Indikatoren für die Güte oder den Entwicklungsbedarf der Kundenbetreuung und damit der Vertriebsqualität.
6. Kennzahlen zu Marketing/Werbemaßnahmen
Rücklaufquote (Feedback) pro Vertriebs-/Werbeaktion: Anzahl positiver Antworten in Relation zur Anzahl der Aussendungen/Einladungen je Aktion (z.B. bei Mailings mit Antworten, Messeeinladungen). Dient der Mediaplanung, d.h. Fokussierung der Werbung/Verringerung von Streuverlusten (z.B. gezielte Auswahl/Einsatz von Werbemedien)
Prozentualer Anteil von Messeaufwendungen oder anderer Veranstaltungen am Werbe-/Marketingetat: Kosten Messe bzw. andere Veranstaltung in Relation zu den gesamte Marketing-Kosten (x 100 in Prozent). Dient u.a. zur Verteilung des Marketing-Etats bzw. Steuerung der Marketingaufwendungen.
Tausend-Kontakte-Kosten: Kosten einer Werbemaßnahme in Relation zur Anzahl der erreichten Personen der Zielgruppe x 1000. Diese Kennzahl zeigt die Effizienz einer Werbemaßnahme bezüglich der Erreichung der Zielgruppe auf.
Veranstaltungserfolgsquote: Unterschiedliche Maßeinheiten wie Anzahl Besucher, Verhältnis Einladungen zu Besuchern, Anzahl Erstbesuche/-kontakte, Anzahl Folgebesuche, abgeschlossene Aufträge von Neu- und Bestandskunden, ggfls. Besucherbefragung (qualitative Beurteilung).
Anzahl Namensnennungen in (Fach-) Presse und Hörfunk/Fernsehen. Dienen der Messung der Bekanntheit und der Reputation/Image des Unternehmens. Diese Daten werden von professionellen Auswertungsfirmen geliefert. Sie können durch redaktionelle Beiträge/Presseaussendungen erhöht werden (‚Öffentlichkeitsarbeit‘).
Anzahl Zugriffe auf Webseiten des Unternehmens (‚Visits‘): Messung der Wirkung von Marketing-/ Werbe- und PR-Maßnahmen u.ä. auf die Steigerung von Visits (ggfls. mit Hinweisen auf Interessen/Begriffspräferenzen: besuchte Seiten und Verweildauer).
7. Kennzahlen zum Markterfolg
Definitionen von Marktindikatoren mit vereinfachter Darstellung: - Marktkapazität = Summe aller Marktteilnehmer (potentielle Kunden) x Durchschnittsbedarf an Verträgen/Anlagen aller Marktteilnehmer (in Mengeneinheiten); z.B. 100 Mio. Stk. Versicherungsverträge
- Marktpotenzial: Summe aller Marktteilnehmer (potentielle Kunden) x Durchschnittsbedarf an Vertrags-/Anlagesummen aller Marktteilnehmer (in Geldeinheiten); z.B. 300 Mrd. € Anlagesumme
- Marktvolumen: Summe aller am Markt abgesetzten/vermittelten Verträge in Geldeinheiten pro Zeiteinheit (z.B. ein Jahr); z.B. 20 Mrd. €. Kann auch für Teilmärkte/Marktsegmente (z.B. Region, Kundengruppen) bestimmt werden.
Die (positive) Veränderung des Marktvolumens bezeichnet man als Marktwachstum.
Das Verhältnis Marktvolumen / Marktpotenzial wird Marktsättigungsgrad genannt; wenn Marktpotenzial = Marktvolumen -> gesättigter Markt.
- Marktanteil = Umsatz des eigenen Unternehmens / Gesamtmarktumsatz (Marktvolumen) z.B. 5%; kann auch für einzelne Marktsegmente ermittelt werden.
relativer Marktanteil: eigener Marktanteil im Verhältnis zum Marktanteil des wichtigsten Wettbewerbers (letzterer wird häufig als Vertriebsziel bzw. Benchmark/Maßstab angeführt); setzt man an Stelle des Umsatzes die Anzahl der eigenen Kunden ins Verhältnis zu allen (potentiellen) Kunden am (Ziel-) Markt, so wird das Ergebnis als ‚Marktdurchdringungsgrad‘ bezeichnet. - Marktattraktivität = dieser Marktindikator orientiert sich am Branchenwettbewerb, der durch die Verhandlungsmacht der Kunden und Lieferanten (z.B. Versicherungsgesellschaften), potenziellen neuen Konkurrenten, alternativen Ersatzprodukten/Dienstleistungen sowie der Wettbewerbsintensität in der Branche bestimmt wird.
Die meisten der genannten Marktindikatoren werden durch Marktforschungsinstitute, Statistikbehörden oder Branchenverbände erhoben bzw. errechnet und den Interessenten/Mitgliedern (ggfls. entgeltlich) zur Verfügung gestellt. Zu ihrem Service zählt auch die kontinuierliche Marktbeobachtung und –prognose (unter Berücksichtigung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und des demografischen Wandels der Bevölkerung, differenziert nach unterschiedlichen Klassen/Gruppen). Diese sollten auch die Vertriebsunternehmen – speziell für ihr Marktsegment (Produkte, Zielgruppen, Region) – permanent durchführen (und in ihren strategischen Entscheidungen sowie dem Geomarketing für den Außendienst berücksichtigen).
Beispiel: Berechnung Marktwachstum
Marktvolumen der Vorperiode = 20 Mrd.€, Marktvolumen der Berichtsperiode = 21 Mrd.€ gesucht: Marktwachstum (in Prozent)
Berechnung: Marktwachstum (in %) = x 100
Lösung: Marktwachstum (in %) = x 100 = +5%
Marktanteilserhöhung: Die Erhöhung des Marktanteils ist ein häufig genanntes Vertriebsziel (z.B. Erhöhung des Marktanteils von 8% auf 10%, das entspricht einer Steigerungsrate von 25%!). Der Marktanteil kann insbes. durch Erweiterung der Zielkunden (-gruppen) um neue Kunden (-gruppen), Neuabschlüsse/Folgeabschlüsse von Bestandskunden (Cross & Up Selling) sowie Verbesserung der angebotenen Produkte oder Erweiterung des Produktspektrums (z.B. um höherpreisige Angebote) und mittels Vertriebsmaßnahmen (z.B. Werbung) gesteigert werden. Dessen Erreichung hängt jedoch – neben der angepeilten Zeitspanne - von vielen Faktoren ab wie: Marktwachstum oder Grad der Marktsättigung, Wettbewerb, bisheriger Marktanteil/Potenzialausschöpfung, Unternehmensstrategie, Ressourcen (Produkte, Mittel, Personal) uam., wird gelegentlich auf Kosten der Rentabilität über den Preis erkauft (v.a. beim Markteintritt um eine kritische Menge zu erreichen), erfordert zumeist erheblichen personellen und finanziellen Einsatz.
Insgesamt ist ein hoher Marktanteil idR. mit Wettbewerbsvorteilen (z.B. Bekanntheit), höherer Einkaufsmacht (niedrigere Preise wg. hoher Mengen) und Kostenvorteilen in der Produktion (Skaleneffekte durch große Stückzahlen) verbunden, kann aber auf wachsenden Märkte oft nur schwer gehalten, geschweige denn erhöht werden (hohe Investitionen!).
Anm.: Da sich die o.a. Marktdaten - wie die eigenen Kundendaten - im Zeitablauf mehr oder weniger deutlich ändern (z.B. Marktwachstum), sind diese laufend zu verfolgen (durch Marktforschung, -beobachtung und –prognosen) und bei Verwendung in den genannten Kennzahlen regelmäßig zu aktualisieren.
Beispiel: Gegenwärtiger Anteil am (Ziel-) Markt = 10%, angestrebt wird eine Marktanteilserhöhung
auf 11% gesucht: Steigerungsrate des Marktanteils (in Prozent)
Berechnung: Steigerungsrate des Marktanteils (in %) = x 100
Lösung: Steigerungsrate des Marktanteils (in %) = x 100 = +10%
Marktanteilsgewinnung: Bei neuen Produkten oder auf neuen Zielmärkten (z.B. Regionen, Kundengruppen) ist ein geplanter Markterfolg (Vertriebsziel: angestrebter SOLL-Zustand) von den vorhandenen Markteintrittsbarrieren (z.B. Wettbewerbssituation) abhängig und mit einem beträchtlichen Ressourceneinsatz (Werbung/Marketing, Vertrieb) zur Akquisition von Neukunden verbunden. Zu diesem zählt neben einer grundlegenden Potenzialanalyse v.a. eine umfassende Vertriebsgebietsplanung (’Districting‘) für den Gebietsmanager und die Außendienstmitarbeiter wie Abgrenzung/Zuschnitt, Standortplanung, Tourenplanung (Routenoptimierung) uam.
Marktanteilsverteidigung: Beim Auftreten neuer Wettbewerber oder Substitutionsprodukte am angestammten Markt ist der Erhalt des bisherigen Marktanteils (Vertriebsziel: Verteidigung des IST-Zustands) ebenfalls von den Markteintrittsbarrieren für die ‚Konkurrenz‘ abhängig (z.B. fester und loyaler Kundenstamm, bewährte Produkte) und als Vertriebsziel idR. ebenfalls von einem beträchtlichen Ressourceneinsatz gekennzeichnet und häufig mit Rentabilitätseinbußen verbunden. Der Marktanteil ist hierbei in relativ kurzen Zeitabständen zu verfolgen (z.B. permanente Wettbewerbsbeobachtung), um die Verteidigungs-Maßnahmen effizient zu steuern. Stagnierende oder gar rückläufige Markanteile sind als signifikantes Frühwarnsignal für das zukünftige Unternehmensergebnis zu werten.
8. Kennzahlen zum Unternehmen und Unternehmenserfolg
Die wichtigsten Unternehmensziele jeden Vertriebs sind die Erreichung eines möglichst hohen Umsatzes und Ertrags/Jahresüberschusses wie auch erhöhter Marktanteile/Kundenzahlen, Bestandserweiterungen uam. sowie die qualitativen Vertriebsziele Bestandspflege/Kundenzufriedenheit, Angebots-/Produktverbesserungen, Mitarbeiterzufriedenheit u.a. (diese wurden zumeist bereits angeführt).
Alle diese Ziele gilt es durch geeignete Vertriebssteuerungsmaßnahmen und –aktivitäten höchstmöglich und nachhaltig zu erreichen u./o. zu verbessern. Da das idR. nicht gleichzeitig für alle Ziele möglich ist, ist ein optimales Verhältnis der verschiedenen Zielerreichungsgrade anzustreben. Dieser Mix hängt v.a. von der Unternehmensstrategie, den (gesetzlichen) Rahmenbedingungen und den Marktverhältnissen (Nachfrage, Wettbewerb) ab; von diesen ist offensichtlich nur die Strategie (z.B. Vertriebs-/Preispolitik und Kosten) vom Unternehmensmanagement direkt beeinflussbar.
Die Erreichung der wertorientierten (quantitativen) Unternehmensziele sowie der notwendigen finanziellen Rahmenbedingungen wird mit betriebswirtschaftlichen Kennzahlen zur Vermögens-, Finanz- und Ertragslage gemessen bzw. bewertet.
Die erforderlichen Daten/Informationen stammen bei größeren Unternehmen überwiegend aus dem betrieblichen Rechnungswesen/Controlling (z.B. Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Planwerte), kleinere Agenturen entnehmen diese der ‚Betriebswirtschaftliche Auswertung‘ (BWA) ihres Steuerberaters und/oder einer (u.U. selbst durchgeführten) Einnahmen-Überschuss-Rechnung.
Nachfolgend werden einige Kennzahlen zur Messung des Unternehmenserfolgs und zur Unternehmenssteuerung vorgestellt.
Deckungsbeitrag des Unternehmens: Das ist der Teil der Unternehmenserlöse, der – nach Abzug aller variablen Kosten der Geschäftstätigkeit - zur Deckung der festen/fixen Kosten des Unternehmens und zur Erzielung eines Gewinns übrig bleibt. Hierbei versteht man unter variablen Kosten – kurz ausgedrückt – jene Kosten, die durch die Kundengeschäfte bzw. Produkte unmittelbar verursacht werden (und damit in ihrer Gesamthöhe mit dem Ausmaß der Geschäftstätigkeit – z.B. Anzahl Abschlüsse - variieren), während fixe Kosten davon weitgehend unabhängig im Unternehmen anfallen. Gemeinsam werden sie zu Gesamtkosten addiert. Siehe auch Vertriebsergebnis: Deckungsbeitrag pro Kunde. Zu den fixen Kosten (auch Bereitschaftskosten genannt) zählen u.a. Kosten für die Aufrechterhaltung und Verwaltung eines Unternehmens (die idR. auch anfallen, wenn keine Vertriebstätigkeiten stattfinden) wie z.B. Mieten, Abschreibungen, Zinsen, Overhead, allgemeine Verwaltung uam., während zu den variablen oder beweglichen Kosten bei den Finanzdienstleistern ieL. die direkt zurechenbaren Akquisitions- und Abschlusskosten sowie verbundene Bearbeitungskosten, ggfls. Bestands-, Leistungs- und Schadenbearbeitungskosten gerechnet werden (z.B. Mailings/Flyer, Personalkosten für Außendienst und Bearbeitung, Reisekosten, Provisionen für Mitarbeiter und Tippgeber, Versicherungen, Administration von Verträgen, Sachkosten für die Abwicklung uam.).
Hinweis: Wenn im vorliegenden Studienheft von betrieblichen Aufwendungen oder von Kosten die Rede ist, sind diese inhaltlich identisch. Kosten sind alle Aufwendungen, die mit dem betrieblichen Leistungsprozess zusammen hängen; so sind z.B. Aufwendungen für Löhne und Gehälter Kosten, Aufwendungen für karikative Spenden dagegen nicht.
Schematische Berechnung:
Umsatz/Erlöse - variable Kosten = Deckungsbeitrag - fixe Kosten = Ergebnis/Gewinn
Wie bereits erwähnt, kann die Deckungsbeitragsrechnung für das gesamte Unternehmen, aber auch für die einzelnen Kunden (siehe Kundenstruktur: Deckungsbeitrag pro Kunde) und jedes Produkt sowie für deren Gruppen durchgeführt werden. Häufig werden die Deckungsbeiträge zu den generierenden Einheiten in Beziehung gesetzt (z.B. Kunde, Abschlussvolumen) und daraus entsprechende Relationen oder Margen (in Prozent) ermittelt.
Hinweis: In der Praxis wird die Deckungsbeitragsrechnung - durch Kategorisierung/Differenzierung v.a. der fixen Kosten (z.B. sprungfixe Kosten, den Produkten indirekt zurechenbare fixe Kosten) - erheblich verfeinert sowie vertieft durchgeführt (z.B. Deckungsbeitrag I, II, III usf.) und damit ihre Aussagekraft und Steuerungswirkung deutlich erhöht.
Beispiel:
Im abgelaufenen Geschäftsjahr wurden 5 Abschlüsse mit einem Gesamtvolumen von 1 Mio.€ getätigt. An Abschluss-Provisionserträgen wurden insgesamt 200.000 € erzielt. Bestandsprovisionen fielen nicht an. Aus der Kostenrechnung/Kalkulation wurden folgende Daten gemeldet: Personalkosten je Abschluss: 20.000 €, Reisekosten für den ersten Abschluss: 2.000 €, für die weiteren Abschlüsse je 1.000 €, Abwicklung: 400 € je Abschluss. Weiter fielen für Miete 2.000 € an.
Gefragt ist der Deckungsbeitrag (DB), der Gewinn, der durchschnittliche DB pro Abschluss und die durchschnittliche Abschlussmarge im Geschäftsjahr (in Prozent).
Berechnung: Umsatz/Erlöse - variable Kosten = Deckungsbeitrag - fixe Kosten = Ergebnis/Gewinn
Ø DB/Abschluss = Deckungsbeitrag / Anzahl Abschlüsse
Ø Marge = Deckungsbeitrag / Gesamtvolumen (x 100 in Prozent)
Lösung: 200.000 € - 108.000 € = 92.000 € - 2.000 € = 90.000 €
92.000 € / 5 Abschlüsse = 18.400€
92.000 € / 1 Mio.€ Volumen x 100 (in Prozent) = 9,2%
Ergebnis: Deckungsbeitrag: 92.000 €, Gewinn: 90.000 €, Ø DB/Abschluss: 18.400 €, Ø Marge: 9,2%.
Kosten/Ertrags-Relation (engl. Cost Income Ratio): Betriebsaufwand im Verhältnis zu den operativen Erträgen (x 100 in Pozent). Hierbei werden sämtliche Aufwendungen, die zur Erzielung des ordentlichen betrieblichen Ergebnisses eines Unternehmens angefallen sind, den ordentlichen betrieblichen Ergebnissen gegenüber gestellt. Die Cost Income Ratio (CIR) sagt aus, welcher Aufwand in Euro/Cent notwendig war, um einen Euro Ertrag zu erwirtschaften oder in Prozent ausgedrückt, wie viele Prozente des Ertrags wurden durch den (notwendigen) Aufwand aufgezehrt/kompensiert. Bei Kennzahlwert 1 würde der Aufwand dem Ertrag bzw. in Prozent (x 100) einer CIR von 100% entsprechen. Hier gilt also: je niedriger, umso besser (max. 1 bzw. 100%).
Hinweis: Man könnte die Formel auch umdrehen (operative Erträge/Betriebsaufwand) bzw. den Kehrwert der CIR (1 / CIR) ermitteln, das Ergebnis wird Aufwandrentabilität genannt: Sie besagt, welchen Ertrag generiert ein Euro Aufwand oder anders ausgedrückt, wie hoch ist die Rentabilität des eingesetzten Aufwands (in Prozent); bei Kennzahlwert 1 würde der Ertrag dem Aufwand bzw. in Prozent (x 100) einer Aufwandrentabilität von 100% entsprechen. Hier würde gelten: je höher umso besser (mind. 1 bzw. 100%). Zum betrieblichen Aufwand zählen idR. Personalaufwendungen, Materialaufwendungen (inkl. Bezogene Leistungen), Abschreibungen, Risikovorsorge und Sachaufwendungen (z.B. Mieten, Reisespesen, Versicherungen, Energie, Steuerberater, Telefon/Internet, Beiträge, Kfz-Kosten), zu den betrieblichen (operativen) Erträgen gehören v.a. die Umsatzerlöse (netto) und sonstige betriebliche Erträge (z.B. Veräußerung von betrieblichem Anlagevermögen). Nicht zu den berücksichtigten betrieblichen Positionen – und damit auch nicht zum Betriebsergebnis als Saldo dieser Aufwendungen und Erträge - zählen bei Vermittlern/Beratern (im Unterschied zu Finanzinstituten/Banken) das sog. Finanzergebnis (z.B. Zinsaufwendungen und Zins-/Beteiligungserträge) sowie außerordentliche Posten wie beispielsweise Enteignungen und deren Entschädigung.
Die CIR ist der Effizienzmaßstab eines Unternehmens schlechthin und ermöglicht insbes. im Zeitvergleich (mehrere Jahre) zielführende Aussagen zur Entwicklung eines Unternehmens. Ein Vergleich mit anderen Unternehmen (Betriebsvergleich) ist nur bei wirklich vergleichbaren Unternehmen (z.B. Größe, Branche, Struktur) und dem gleichen wirtschaftlichen Umfeld zulässig (z.B. Marktverhältnisse). Sie kann aber auch zur Messung/Steuerung der Rentabilität einzelner (Vertriebs-) Maßnahmen oder Kunden eingesetzt werden, wenn deren Aufwand und Ertrag klar zu bestimmen/zuzuordnen sind. Zur Erinnerung: Der Kehrwert der Cost Income Ratio wird Aufwandrentabilität genannt (s.o.).
Beispiel:
Das Controlling nennt Ihnen folgende Aufwands- und Ertragspositionen für das abgelaufene Geschäftsjahr: Personal 10.000 €, Miete 5.000 €, Energie 1.000 €, Telefon 500 €, Zinsen 500 €, diverse Sachaufwendungen 500 €, Provisionserträge 134.000 €, Verkaufserlös eines Firmenwagens 2.000 €, Beteiligungserträge 500 €.
Ermitteln Sie die CIR (absolut und Prozent) und interpretieren Sie die beiden Ergebnisse. Wie hoch ist die Aufwandrentabilität?
Berechnung: CIR = (x 100 in %)
Betriebliche Aufwendungen in Euro: Personal 10.000
Miete 5.000
Energie 1.000
Telefon 500
Sachaufwendungen 500
17.000
Betriebliche Erträge in Euro: Provisionserträge 134.000
KfZ-Verkauf 2.000
136.000
Lösung: CIR = = 0, 125€ bzw. 12,5%
Interpretation: Zur Erwirtschaftung von einem Euro Ertrag sind Aufwendungen iHv. 12,5 Cent erforderlich oder 12,5% der betrieblichen Erträge werden durch entsprechende Aufwendungen aufgezehrt.
Der Kehrwert der CIR (1 / 0,125 = 8 bzw. x 100 = 800%) wird Aufwandrentabilität genannt: Mit einem Euro Aufwand wird hier ein Ertrag von 8€ erwirtschaftet oder die Rentabilität des eingesetzten Aufwands beträgt 800%.
Kostenquote(n): einzelne (Vertriebs-) Kostenarten in Relation zu den Gesamtkosten (x 100 in Prozent). Hier werden einzelne direkte Kosten für Vertriebspersonal, Werbung, Messen, Reiseaufwendungen u.a. den Gesamtkosten des Unternehmens gegenüber gestellt (Steuerung der Kostenblöcke). Siehe auch: Vertriebsergebnis/Deckungsbeitrag pro Kunde. Könnte auch mit den Fix- oder Gemeinkosten zur Ermittlung einer Fix-/Gemeinkostenquote berechnet werden.
Zinsdeckung: Betriebsergebnis in Relation zum Zinsaufwand (x 100 in Prozent). Diese Kennzahl drückt aus, inwieweit das erwirtschaftete Betriebsergebnis den Zinsaufwand des Unternehmens deckt bzw. wie hoch die Belastung des Unternehmens durch Zinsverpflichtungen ist. Sie wird naturgemäß durch die Höhe des Fremdkapitals und den Zinssatz geprägt. Die Zinsdeckung dient ggfls. als Frühwarnsignal und gibt Steuerungsimpulse für die Eigenfinanzierung (Erhöhung des Eigenkapitals/Thesaurierung des Gewinns, Verringerung/Umschuldung des Fremdkapitals).
Umsatzrendite: Agenturgewinn in Relation zu den Gesamterlösen (Umsatz) der Agentur (x 100 in Prozent). Diese Kennzahl zur Ertragslage gibt an, wie viel vom Umsatz als Gewinn realisiert wurde. Die Kosten (inkl. Rückstellungen) spielen bei dieser Kennzahl eine wichtige Rolle und zeigen damit die Effizienz des Betriebsprozesses auf. Umgekehrt kann die Frage beantwortet werden, wie viel Umsatz muss ich machen um x Euro Gewinn zu machen? (in %: ‚Umsatz-Gewinn-Marge‘). Sie kann auch für einzelne Produkte/Kunden berechnet werden (z.B. Gewinnspanne in %). Anm.: Rendite und Rentabilität sind inhaltlich identische Begriffe. Hierbei wird, abhängig von der Fragestellung bzw. Bezugsbasis, zumeist der erzielte Gewinn oder ein anderer Erfolgsmaßstab dem hierfür eingesetzten Kapital oder dem zugrunde liegenden Umsatz oder dem dafür notwendigen Aufwand gegenüber gestellt (Beispiele: vor- und nachstehend).
Eigenkapitalrendite: Eigenkapital in Relation zum Gewinn n.St. (x 100 in Prozent). Die EK-Rendite zeigt auf, wie rentabel das Eigenkapital im Unternehmen eingesetzt wurde (hier nach Steuern) und ist damit eine der wesentlichsten Maßzahlen der wertorientierten Unternehmenssteuerung. Die Eigenkapitalrendite (EK-Rendite) sollte deutlich über der Rendite langfristiger risikoloser Kapitalanlagen (z.B. Bundeanleihen) liegen, um auch den unternehmerischen Einsatz (Unternehmerlohn) und das unternehmerische Risiko (Verlust/Ausfallrisiko) angemessen abzudecken. Sie wird häufig mit durchschnittlichem Kapital im Betrachtungsjahr gerechnet (vereinfacht: EK zum Beginn des Geschäftsjahrs + EK zum Ende des Geschäftsjahrs / 2). Zum Eigenkapital siehe ‚Eigenkapitalquote‘ unten stehend. Hinweis: Je höher das Eigenkapital (was aus Sicherheits-/Risikogesichtspunkten durchaus erwünscht ist), desto niedriger ist automatisch die EK-Rendite. Das ist eine Folge des sog. Leverage-Effekts des Fremdkapitals, d.h. des Unterschieds zwischen Fremdkapitalzinssatz und Gesamtkapitalrendite (siehe nachfolgend) und Höhe des eingesetzten Fremdkapitals: ist die Gesamtkapitalrendite höher als der Fremdkapitalzinssatz so steigt mit zunehmender Verschuldung die Eigenkapitalrendite – was auch umgekehrt gilt. Dieser Effekt findet seine Grenzen in gesetzlichen Vorgaben (Mindestkapital) und Stabilitäts-/Bonitätskriterien (EK-Quote), siehe unten.
Gesamtkapitalrendite: Gewinn v.St. + Fremdkapitalzinsen in Relation zum Gesamtkapital (x 100 in Prozent); sie wird ebenfalls häufig mit durchschnittlichem Kapital im Betrachtungsjahr, aber mit dem Gewinn vor Steuern gerechnet (um Rentabilitätsvergleiche von Unternehmen mit unterschiedlicher Rechtsform zu ermöglichen).
Diese Kennzahl gibt die Rendite für das im Unternehmen insgesamt eingesetzte Kapital an. Dieser Wert sollte über dem Fremdkapitalzinssatz liegen, damit daraus die Fremdkapitalkosten und eine (gewünschte) Eigenkapitalverzinsung gedeckt werden können.
Liquiditätslage: Umlaufvermögen in Relation zu den kurzfristigen Verbindlichkeiten (x 100 in Prozent). Sie beantwortet existenzielle Fragen, wie liquide ist das Unternehmen, kann es seine kurzfristigen (kfr.) Verbindlichkeiten durch kurzfristig liquidierbare Aktiva regulieren? Zum Umlaufvermögen zählen Kassa/kfr.Bankeinlagen (Sichteinlagen), kfr. Forderungen, kfr. Wertpapiere, Lagerbestand; zu den kfr. Verbindlichkeiten rechnet man kfr. fällige Bankkredite, Verbdlk. aus Lieferungen und Leistungen, Steuern u.ä. Die Liquiditätslage wird in der Praxis durch unterschiedliche Kennzahlen aus mehreren Kombinationen der angeführten – unterschiedlich liquiden - Positionen ermittelt (z.B. Liquidität 1., 2. und 3. Grades). Die eingangs dargestellte Gesamtliquidität (oder Liquidität 3. Grades) eines Unternehmens muss deutlich über 100% liegen, da sie nicht sofort liquidierbare Bestandteile enthält (z.B. Lagerbestand) und im Ernstfall eine Zahlungsunfähigkeit drohen würde. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die eingesetzten Daten idR. Vergangenheitswerte darstellen (die zum Zeitpunkt der Berechnung überholt sind), zum anderen finden in den Liquiditätskennzahlen eventuelle freie Kreditlinien von Banken (z.B. Kontokorrentkredit) keine Berücksichtigung. Hinweis: Die Differenz zwischen Umlaufvermögen und kfr. Verbindlichkeiten (beide haben eine Laufzeit/Fälligkeit von max. 1 Jahr) wird ‚Working Capital‘ (arbeitendes Kapital) genannt.
Die Kennzahl verbessert sich demnach, je weniger kfr. Verbindlichkeiten das Unternehmen hat, d.h. je höher die Aktiva des Unternehmens mit langfristigen Ausleihungen oder Eigenkapital finanziert sind (sog. Deckungsgrade) oder je höher das entgegenstehende Umlaufvermögen ist. Hierbei ist allerdings zu beachten, ob im Umlaufvermögen veraltete (weitgehend unverkäufliche) Lagerbestände enthalten sind (Ladenhüter) oder überfällige (weitgehend uneinbringliche) Forderungen aus Lieferungen und Leistungen (säumige Kunden, verbesserungswürdiges Debitorenmanagement/Inkasso), welche den Aussagewert der Kennzahl beeinträchtigen würden. Weiter kann ein hohes Working Capital auf die unrentable (unverzinste) Anlage von Finanzmitteln im Umlaufvermögen hindeuten (z.B. hoher Kassenbestand).
Eigenkapitalquote: Eigenkapital in Relation zum Gesamtkapital (x 100 in Prozent). Zum Eigenkapital zählen neben den Gesellschaftsanteilen (z.B. Kapitaleinlagen bei Einzelkaufleuten und Personengesellschaften, Stammkapital bei einer GmbH oder Grundkapital bei einer AG) insbes. die Kapital- und Gewinn-Rücklagen sowie ggfls. ein Gewinn-/Verlustvortrag und das Jahresergebnis (s.u.). Das Gesamtkapital entspricht der Bilanzsumme (= Summe der Aktiva oder Passiva). Die Eigenkapitalquote (EK-Quote) ist eine der wichtigsten Strukturkennzahlen eines Unternehmens. Eine hohe Quote drückt Solidität, Finanzkraft und weitgehende Krisenfestigkeit eines Unternehmens aus, macht es unabhängiger von Banken (Krediten) mit entsprechenden (u.U. variablen) Zinsbelastungen sowie von Zinsschwankungen auf den Kapitalmärkten und verbessert andererseits - infolge der Haftfunktion des Eigenkapitals - auch die Kreditwürdigkeit (Bonität) des Unternehmens.
Schließlich zeigt sie natürlich auch den Teil des Vermögens an, der mit Eigenkapital finanziert ist und geht in verschiedene Kennzahlen ein (z.B. Deckungsgrade des Anlagevermögens).
Anm.: Ideal wären demnach 100%, die jedoch im deutschen Mittelstand so gut wie nie erreicht werden; auf der anderen Seite kann durch den Einsatz billigen Fremdkapitals die Eigenkapitalrendite infolge des sog. Leverage-Effekts erhöht werden (s.o.). Die Kehrseite der EK-Quote ist die Fremdkapitalquote oder der Verschuldungsgrad (Fremdkapital / Gesamtkapital). Anm.: Unter Fremdkapital versteht man die idR. rückzahlbaren Verbindlichkeiten und die (nicht rückzahlbaren) Rückstellungen.
Anm.: Das Eigenkapital von Unternehmen und seine Mindesthöhen sind – je nach Rechtsform und Rechnungslegung der Unternehmen - in unterschiedlichen Gesetzen definiert und festgelegt (HGB, BGB, AktG, GmbHG, IAS). Vereinfacht dargestellt besteht es bei bilanzierenden Einzelunternehmen oder Personengesellschaften idR. aus den Kapitalkonten des Eigentümers (ein festes Konto mit der bedungenen Einlage, ein variables Konto für Einlagen/Gewinnansammlung und Entnahmen, das auch einen negativen Saldo aufweisen kann) bzw. – bei mehreren Gesellschaftern – aus den Kapitalkonten der Gesellschafter, den Rücklagen, dem Gewinn- oder Verlustvortrag und dem (aktuellen) Jahresergebnis. Bei Kapitalgesellschaften besteht es aus dem von den Anlegern gezeichneten Kapital, der Kapitalrücklage, den Gewinnrücklagen, dem Gewinn- oder Verlustvortrag und dem (aktuellen) Jahresergebnis. Diesen stehen jedoch ggfls. einige Abzugspositionen gegenüber wie nicht voll einbezahlte Anteile und eigene Anteile im Bestand. Hinweis: Auf eigenkapitalähnliche Positionen – die im Gegensatz zum o.a. Eigenkapital idR. zeitlich befristet sind - wie nachrangige Darlehen, stille Beteiligungen oder Genussscheine u.ä. soll hier nicht eingegangen werden.
Anmerkung: Bei Versicherungsunternehmen wird die Eigenkapitalquote häufig alternativ berechnet:
Eigenkapitalquote = Eigenkapital im Verhältnis zu Bruttobeiträgen oder Deckungsrückstellungen.
Auch hier ist eine hohe Quote grundsätzlich ein Indiz für hohe Sicherheit und Ertragskraft (zumindest in der Vergangenheit): Wenn auftretende/zu regulierende Schäden nicht durch die laufenden Beiträge oder vorhandenen Rückstellungen gedeckt werden können, kann zum Ausgleich das Eigenkapital herangezogen werden.
Schließlich soll hier noch der Cash flow vorgestellt werden, der als Mess- und Steuerungsgröße für die Finanzkraft eines Unternehmens in die Betriebe bzw. das Controlling Eingang gefunden hat. Es gibt unzählige Ausprägungen des Cash flow, hier soll ein einfaches Ermittlungsschema gezeigt werden:
Gewinn nach Steuern + nicht zahlungswirksame Kosten (z.B. Abschreibungen, Rückstellungen) die im Gewinn berücksichtigt sind - nicht zahlungswirksame Erträge (z.B. Auflösung von Rückstellungen) die im Gewinn berücksichtigt sind = traditioneller Cash flow (z.B. DVFA) +/- Abnahme/Zunahme Umlaufvermögen (z.B. Forderungen an Kunden, Lagerbestand) +/- Zunahme/Abnahme kfr. Verbindlk. (z.B. Vbdlk. ggü. Lieferanten, Steuern) = Cash flow aus laufender Geschäftstätigkeit (operatives Tagesgeschäft)
+/- Cash flow aus Investitionstätigkeit (z.B. Verkauf oder Kauf von Anlagegegenständen)
+/- Cash flow aus Finanzierungstätigkeit (z.B. Kapitalerhöhung, Kreditaufnahme vs. Rückzahlung)
= Cash flow des Unternehmens (Zu- oder Abnahme der liquiden Mittel in der Periode)
Durch die differenzierte Wiedergabe der Zu- und Abflüsse an liquiden Mitteln eines Unternehmens stellt der Cash flow dessen Liquiditätssituation in der betrachteten Periode transparent dar.
Zur Unternehmenssteuerung/-bewertung bzw. zur Weiterverwendung in relevanten betriebswirtschaftlichen Kennzahlen wird zumeist der Cash flow aus laufender Geschäftstätigkeit herangezogen bzw. ins Verhältnis gesetzt (z.B. Ermittlung des Unternehmenswerts über den ‚discounted cash flow‘). Auch bei der Finanzkennzahl ‚Dynamischer Verschuldungsgrad‘ werden die Verbindlichkeiten eines Unternehmens diesem Cash flow gegenüber gestellt und die Anzahl an Perioden (Jahren) ermittelt, in denen die Verbindlichkeiten mit dem gegenwärtigen Cash flow (rechnerisch, d.h. ohne Berücksichtigung von Auszahlungen oder Investitionen) getilgt werden könnten. Diese Kennzahl ist ein wichtiges Kriterium im Rahmen der Fremdfinanzierung, d.h. der Kreditaufnahme sowie alternativen Finanzierungen und fließt in Unternehmensratings ein Hinweis: Zu den alternativen Finanzierungen zählen Anleihen/Schuldscheine, Leasing, Factoring, stille Gesellschaft, Genussscheine uam.
Beispiel:
Vom Controlling wurden folgende Daten (in Euro) für das abgelaufene Geschäftsjahr ermittelt:
Gewinn n.St. 500.000, Abschreibungen 150.000, Auflösung von Rückstellungen 50.000, Erhöhung des Vorratsbestandes und Zunahme der Lieferantenverbindlichkeiten je 30.000. An Verbindlichkeiten werden Bankkredite iHv. 1.000.000 ausgewiesen. Aufgabe: Gefragt ist der dynamische Verschuldungsgrad.
Berechnung: 1. Schritt = Ermittlung des operativen Cash flow
Gewinn nach Steuern + nicht zahlungswirksame Kosten (z.B. Abschreibungen, Rückstellungen) die im Gewinn berücksichtigt sind - nicht zahlungswirksame Erträge (z.B. Auflösung von Rückstellungen) die im Gewinn berücksichtigt sind = traditioneller Cash flow (z.B. DVFA) +/- Abnahme/Zunahme Umlaufvermögen (z.B. Forderungen an Kunden, Lagerbestand) +/- Zunahme/Abnahme kfr. Verbindlk. (z.B. Vbdlk. ggü. Lieferanten, Steuern) = Cash flow aus laufender Geschäftstätigkeit (operatives Tagesgeschäft)
Gewinn n.St. (€) 500.000 + Abschreibungen 150.000 - Auflösung von Rückstellungen 50.000 - Erhöhung Vorratsbestand 30.000 + Zunahme kfr. Verbindlichkeiten 30.000 Operativer Cash flow (€) 500.000
Interpretation/Wertung des Zwischenergebnisses: Das Unternehmen hat im abgelaufenen Jahr einen Cash flow von 500.000 € erwirtschaftet, der für Investitionen, Tilgungen und Ausschüttungen zur Verfügung steht.
- Schritt: Ermittlung des dynamischen Verschuldungsgrads
Dynamischer Verschuldungsgrad = Verbindlichkeiten / Cash flow -> = 1.000.000 / 500.000 -> = 2
Lösung: Der dynamische Verschuldungsgrad beträgt 2, d.h. mit dem erzielten Cash flow könnten binnen 2 Jahren alle gegenwärtigen Bankverbindlichkeiten abgelöst werden (was für gewöhnlich einen guten Wert darstellt).
Mitarbeiterzufriedenheit: Hier gemessen an der Fluktuationsrate (Mitarbeiterabgänge/Jahr), einer der aussagestärksten Kennzahlen zur Mitarbeiter(un)zufriedenheit. Diese Kennzahl kann und sollte auch im Zeitablauf interpretiert werden: Entwicklung/Tendenz.
Dieses qualitative Unternehmensziel steht in engem Zusammenhang mit der Leistung der Mitarbeiter und damit mit der Erreichung der Vertriebsziele. Sie kann durch intrinsische Motivation der Mitarbeiter (z.B. interessante Produkte, herausfordernde Kunden, modernstes Equipment/CRM als Statussymbol) oder durch externe ‚Belohnung‘ (z.B. leistungsadäquates Vergütungssystem mit Anreizkomponenten, gutes Betriebsklima, höherwertiger Firmenwagen, Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten) verbessert werden.
Anm.: Die Mitarbeiterzufriedenheit kann natürlich auch durch Befragung unmittelbar erhoben werden. Dabei wird idR. abgefragt, in welchem Ausmaß verschiedene Aussagen im vorgelegten Fragebogen zutreffen (z.B. fühle mich im Unternehmen wohl, habe interessante Aufgaben, stehe häufig unter Zeitdruck, sehe gute Entwicklungsmöglichkeiten, das soziale Klima ist sehr kollegial uam.). Durch die Verwendung von Bewertungsskalen (z.B. von -3 bis +3, unzutreffend bis stimmt genau, Schulnoten) und ggfls. Gewichtung der einzelnen Fragen können die Ergebnisse quantifiziert und - idR. anonymisiert - maschinell ausgewertet sowie visualisiert werden (z.B. in einem Zufriedenheitsprofil).