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Alternative Finanzierungen
Alternative Finanzierungen für Immobilienentwickler: Anleihen und Schuldverschreibungen
Nach einer Studie der Ratingagentur Moody’s spielen Bankkredite für deutsche Unternehmen weiterhin die dominante Rolle bei der Finanzierung. Aufgrund restriktiverer Kreditvergabe der Banken (Stichworte: Eurokrise, Basel III) und dem beträchtlichen Finanzierungsbedarf der Unternehmen erwartet Moody’s jedoch einen starken Anstieg an Emissionen von Unternehmensanleihen. Verstärkt wird dieser Effekt durch die zunehmende Nachfrage von Investoren nach Unternehmensanleihen, die - bei (bislang) niedrigen Ausfallquoten und dem volatilen Aktienmarkt - eine lukrative Anlagemöglichkeit darstellen.
Wenn auch zuletzt wg. der europäischen Staatsschuldenkrise und Inflationsangst eine gewisse Zurückhaltung zu beobachten ist, hat das Emissionsvolumen von kleinen und mittelständischen Unternehmen in den letzten Jahren doch sichtlich zugenommen. Das betrifft auch und vor allem die Immobilienwirtschaft. Man kann sogar von einem Run auf Sachwerte (insb. Wohnimmobilien) und sachwert-/immobilienunterlegte Finanzanlagen sprechen, wobei verstärkt beträchtliche Summen auch aus dem europäischen Ausland nach Deutschland fließen.
Die Vorteile für die Emittenten liegen neben dem Umgehen einer eventuellen Kreditklemme v.a. in der Diversifikation der Finanzierung, einer Erhöhung des Bekanntheitsgrades des Unternehmens, der hohen Liquidität der emittierten Anleihe verbunden mit der Rückkaufmöglichkeit, der Vermeidung der Sicherheitenstellung und der uneingeschränkten Verwendungsmöglichkeit der Mittel. Bei Emission von nachrangigen Anleihen (z.B. Genussrechten) ist hier noch die Möglichkeit der Zurechnung zum wirtschaftlichen Eigenkapital zu nennen.
Eine gute Voraussetzung für die erfolgreiche Platzierung und Handelbarkeit von Unternehmensanleihen an einem der (deutschen) Börsensegmente für mittelständische Anleihen aber auch ohne Börsennotierung ist zumeist ein Rating (Bonitätsbeurteilung) des Emittenten bzw. der Emission (unter Einbezug der Anleihebedingungen/-ausstattung). Ein solches ist von den am deutschen Markt tätigen Ratingagenturen einzuholen. Neben den internationalen Agenturen wie Moody’s, S&P und Fitch – die v.a. die großen/internationalen Unternehmen, Banken und Versicherungen bedienen – sind das insbes. die auf den deutschen Mittelstand fokussierten deutschen Agenturen wie Creditreform, Scope (mit PSA-Rating) und Euler-Hermes Rating. Sie sind alle europaweit zugelassene/registrierte und beaufsichtigte ‚Credit Rating Agencies‘, die die Anforderungen der Aufsichtsbehörden nach Qualität und Transparenz der Ratingverfahren, Vermeidung von Interessenkonflikten und die Funktion als Intermediäre auf den Kapital- und Finanzmärkten erfüllen.
Für die Immobilienwirtschaft (und andere Branchen) werden partiell spezialisierte Ratings erteilt, in die das (Bestands-) Portfolio bzw. dessen Analyse/Beurteilung und weitere Aspekte einfließen. So können beispielsweise Bestandsverwalter durch geeignete Covenants (z.B. Einbezug von Sicherheiten/Grundpfandrechten, Inflationsschutz) die Anleihebedingungen (u.a. Verzinsung) in ihrem Sinne beeinflussen und zusätzliches Vertrauen zu (potentiellen) Investoren aufbauen.
Hinzu kommen umfassende und laufende Informations-/Veröffentlichungspflichten der Unternehmen, um die gesetzlichen Anforderungen und die vom Markt sowie den Ratingagenturen erwartete Transparenz der Emittenten zu erfüllen.
Die personellen, organisatorischen und finanziellen Belastungen der Unternehmen dürfen jedoch nicht unterschätzt werden. Die Abstellung geeigneter Personalressourcen (und ggfls. deren Aus-/Weiterbildung), die organisatorische Anpassung /Einrichtung der notwendigen Informationstools und Auswertungsverfahren und nicht zuletzt der finanzielle Aufwand sind Vorleistungen, die das Unternehmen für die beabsichtigte Finanzierung durch Anleihen erbringen muss. Die großen Agenturen verlangen für ein (Erst-) Rating schon mal 100.000,- Euro, die deutschen Agenturen nehmen 25.000-35.000 Euro. Das permanente Monitoring im Anschluss und die Folgeratings länger laufender Anleihen sind dabei noch nicht abgedeckt.
Deshalb ist es für die Unternehmen geboten, sich rechtzeitig auf die umfangreichen und komplexen Anforderungen der Agenturen und der Kapitalmärkte/Investoren in Bezug auf Informationsangebot und Transparenz einzurichten.
Je nach betriebswirtschaftlichem Know how der Geschäftsführung bzw. Ausgestaltung des Controlling ist es hilfreich bis unabdingbar, hierfür die Unterstützung durch sog. Rating Advisor einzuholen. Das sind professionelle Analysten, die die Anforderungen der Agenturen kennen und vor diesem Hintergrund das Unternehmen betriebswirtschaftlich durchleuchten und auf dem Weg zum Rating bzw. Kapitalmarkt unterstützen bzw. beraten (z.B. Finanzkennzahlen, Covenants, Investor Relations). Das beschleunigt ggfls. das Ratingverfahren und senkt die damit verbundenen Aufwendungen. Und durch geeignete Maßnahmen ist häufig auch eine Verbesserung des angestrebten Ratings zu erreichen.
Die genannten (relativ festen) Aufwendungen zur Vorbereitung, Zulassung, Durchführung und Kapitalmarktpflege sowie das Rating im Rahmen einer Emission legen – neben den Mindestvorgaben der Börsen – eine gewisse Mindestgröße der Emission nahe. So dürften sich idR. erst Beträge ab 10 Mio. Euro rechnen – bei höheren Beträgen verteilen sich die Fixkosten entsprechend. Ab 25 Mio. Euro werden die Anleihen auch für institutionelle Anleger interessant.
Ein Blick auf den Immobilien-Anleihenmarkt des Mittelstandsegments zeigt ein leichtes Übergewicht des Wohnimmobilienbereichs, teilweise gemischt mit Gesellschaften für Gewerbeimmobilien (-finanzierungen). Die überwiegenden/reinen Gewerbeimmobilienfinanzierungen zeigen immerhin so bekannte Namen wie AVW Grund, Ariston Real Estate, EYEMAXX Real Estate, DIC Asset,WGF uam.
Als Anleihevolumina überwiegen angestrebte Beträge ‚bis 25 Mio‘ und ‚bis 50 Mio‘ Euro, aber auch Zeichnungsvolumina von 100 Mio. Euro und mehr sind zu finden.
Fazit: Für (Gewerbe-) Immobilienunternehmen stellen Anleihen ab einem Finanzierungsbedarf von 10 Mio. Euro (besser 25 Mio.Euro) eine durchaus interessante Finanzierungsalternative dar. Für die erfolgreiche Platzierung und Handelbarkeit bietet sich die Einholung eines Ratings an, das jedoch – wie der gesamte Emissionsprozess – mit nicht unerheblichen personellen und finanziellen Aufwendungen verbunden ist. Ab dem genannten Volumen überwiegen allerdings eindeutig die mit einer Emission an einem der deutschen Börsen-Mittelstandsegmente verbundenen Vorteile.
Literatur:
Moody’s: Special Comment: German Corporate Debt Financing Shifting from Bank Lending to Bond Issuance. www.moodys.com 20.2.2012
Der AnleihenFinder, www.anleihen-finder.de 21.2.2012
AnleihenFinder: Mittelstand und Börse – Die Unternehmerperspektive, Düsseldorf 20.6.2011, eine Studie der Bohnert Group of Partners und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf/Lehrstuhl für Betriebswirtschaft insb. Finanzdienstleistungen
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